Tobias Rehberger
o.T.
24 May – 28 Jun 2025
In seiner Ausstellung "o.T." (24.5. – 28.6.2025) zeigt Tobias Rehberger neben Skulpturen eine neue Werkserie von Bildern, die auf einer von ihm entwickelten typographischen Umsetzung des lateinischen Alphabets basieren. Die Wahl des malerischen Mediums scheint auf den ersten Blick für den Bildhauer ungewöhnlich, dabei geht er einerseits zurück zu seiner ersten Einzelausstellung „Rehbergerst“ in der Galerie Grässlin 1994, in welcher er unter anderem selbst gemalte Reproduktionen seines Vaters Karl Rehberger zeigte, andererseits haftet den Bildern trotz ihrer 2-Dimensionalität durch Op-artige Elemente eine gewisse Objekthaftigkeit an, die den typographischen Charakter der Malerei verstärkt: Jeder Buchstabe ergibt sich aus den Schnittlinien der Farbfelder und der Außenkonturen. Die graphische Ausgestaltung der einzelnen Buchstaben folgt nicht immer deren Form und abstrahiert das an sich einfach zu lesende Alphabet unterschiedlich stark. Die Bilder erscheinen zunächst abstrakt und geometrisch, unterliegen jedoch einer systematischen Konzeption, womit die einzelnen Buchstaben zu entschlüsseln sind.
Indem er die Buchstaben zu Wörtern und Akronymen zusammenfügt, thematisiert Tobias Rehberger im fast wörtlichen Sinn die Lesbarkeit von Kunst. Die zusammengesetzten Ölbilder bilden ganze Worte, wie „YES“ und „NO“, beide 2024, sowie Akronyme wie die Ausdrücke „IDK (I don’t know)“, „OOO (Out of Office)“ oder „ASL (Age, Sex, Location)“, je 2025, die vorwiegend in digitalen Chatverläufen verwendet werden. Oftmals bilden Menschen und deren Bedürfnisse, Gewohnheiten und Beziehungen den Ausgangspunkt für Rehbergers Arbeiten. Die Serie der (Vasen-)Skulpturen aus Glas, gebranntem Ton und Kunstharz geht zurück auf seine seit 1995 fortlaufende Serie der Vasenportaits, die er von Freund*innen, Bekannten und Sammlerfamilien anfertigt. Er entwirft Vasen, deren Design er als Äquivalent der dargestellten Personen definiert und die Portraitierten zur Vervollständigung des Werks bittet - ohne das Design zu kennen - ihre Lieblingsblumen beizusteuern. Im Gegensatz zu dieser Serie funktioniert die Serie der ausgestellten (Mutter-)Skulpturen autonom mit oder ohne Blumenfüllung.
Tobias Rehberger (*1966 in Esslingen) hat seit 2001 eine Professur für Bildhauerei an der Städelschule Frankfurt inne. 2009 gewann er für die Gestaltung seines Cafés „Was du liebst, bringt dich auch zum Weinen“ auf der Venedig-Biennale den Goldenen Löwen. Neben großen Einzelausstellungen in internationalen Institutionen verbinden seine 24 Stops im öffentlichen Raum seit 2016 die Fondation Beyeler in Riehen mit dem Vitra Campus in Weil am Rhein. Er lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
Katharina Baumecker